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Der Gerichtsmediziner gehört in Krimis wie „Tatort“, „Bones“ oder „Rizoli and Isles“ zu den Rollen, die mit besonderen und oftmals etwas schrägen Charakteren besetzt sind. Zweifellos kommt diese Vorstellung nicht von ungefähr. Denn bei dem Jobprofil hat man es mit Inhalten zu tun, die dem Ottonormalarbeitnehmer eine Menge Vorstellungskraft abverlangen. Das nährt das Klischee, dass in der Gerichtsmedizin weitgehend komische Vögel unterwegs sind.
Aber wie sieht es in dem Bereich der Gerichtsmedizin wirklich aus? Und worauf erstreckt sich das Aufgabengebiet von Fachärzten für Gerichtsmedizin, wie das Berufsbild korrekt heißt? Gerichtsmediziner führen rechtsmedizinische Untersuchungen und gerichtliche Obduktionen inklusive der nötigen histologischen Analysen durch. Sie werten die Untersuchungsergebnisse aus, dokumentieren sie und erstellen Gutachten. Vor Gericht erstatten sie mündlich Bericht.
Die Fachärzte kommen immer dann zum Einsatz, wenn es um die Klärung nicht natürlicher Todesfälle geht. Hier übernehmen die Gerichtsmediziner die Leichenschau, führen Sektionen durch und erforschen die mutmaßlichen Ursachen, die zum Tod führten.
Im Fall von Tötungsdelikten untersuchen sie Verstorbene direkt am Tatort und ziehen die Art und Weise, wie eine Leiche gefunden wurde und die Ergebnisse der Spurensuche in ihre Untersuchungen ein. Sie ermitteln darüber hinaus Alter, Körpermaße und den Todeszeitpunkt.
Neben dem körperlichen Zustand geben die Messung der elektrischen Erregbarkeit der Muskulatur, der chemischen Erregbarkeit der Pupillen und der Hirntemperatur Aufschluss über den Zeitpunkt des Todes. Ein weiterer Anhaltspunkt kann das Entwicklungsstadium von Insekten in und auf dem Leichnam sein.
Weitere Aufgaben sind:
Mindestens über ein dickes Fell sollte man als Gerichtsmediziner verfügen, was Anblicke bei Tatorten und Gerüche angeht. Ebenso sollte man keine Schwierigkeiten haben, Toten sehr nahe zu kommen.
Die Work Life Balance ist durchwachsen. Müssen Gerichtsmediziner zu einem Tatort, gibt es kein Wochenende, Abendruhe oder Feiertage. Auch sind in dringenden Fällen Überstunden gängig. Zum Beispiel, wenn es darum geht, einen Wiederholungstäter zu fassen. Mitunter hängen Menschenleben von einer hohen Reaktanz des Gerichtsmediziners ab. Die Chancen auf dem Arbeitsmarktsind als eher unterdurchschnittlich zu bewerten.
Um als Facharzt für Gerichtsmedizin zu arbeiten, ist das Absolvieren eines allgemeinen Medizinstudiums die Voraussetzung, wobei die Vergabe der Studienplätze an einen Numerus Clausus (NC) gebunden ist: Je besser die Abiturnote, umso größer die Chance für den Bewerber. Seit zehn Jahren müssen angehende Mediziner überdies wieder den einst abgeschafften Medizinertest bestehen.
Das Studium erstreckt sich auf 12 Semester. In Vorlesungen, Seminaren und Kursen bekommen Medizinstudenten die Grundlagen vermittelt, die zum späteren Beruf befähigen. Dazu gehören fundierte Kenntnisse in:
Die angeeigneten Theorien wenden Studenten in Praktika und sogenannten Präparierkursen an – hierzu gehört auch das Sezieren von Leichen. Nach dem vierten Semester endet der vorklinische Teil des Medizinstudiums. Er schließt mit der ersten ärztlichen Prüfung ab.
Daran schließt der klinische Teil Studiums an. Im Fokus stehen in dieser Zeit die Diagnose und das Behandeln von Krankheiten. Der Lehrplan umfasst nun folgende Disziplinen:
In den Semestern elf und zwölf folgt das Praktische Jahr, das im Krankenhaus in den Bereichen Innere Medizin, Chirurgie und in einem selbst gewählten Gebiet absolviert wird. Danach schließt das Medizinstudium mit dem zweiten Teil der ärztlichen Prüfung ab.
Hieran schließt sich eine fünfjährige Weiterbildung im Gebiet der Rechts- oder Gerichtsmedizin in den Bereichen Pathologie, Psychiatrie, Psychotherapie oder forensische Psychiatrie an. Die Facharztausbildung findet an Universitäts- oder Hochschulkliniken oder an rechtsmedizinischen Instituten statt.
In dieser Zeit stehen die folgenden Inhalte auf dem Lehrplan:
Die Ausbildung endet mit einer Facharztprüfung.
Gerichtsmediziner arbeiten in den folgenden Bereichen:
Das Einkommen von Gerichtsmedizinern hängt wie in anderen Branchen auch von Region, Größe des Arbeitgebers und Berufserfahrung ab. Im Schnitt verdienen Gerichtsmediziner bei ihrem Berufseinstieg zwischen 3.500 und 4.300 Euro brutto monatlich.
In den nachfolgenden Jahren bewegt sich das Einkommen dann zwischen 4.000 und 5.000 Euro brutto monatlich, wobei sich die finanzielle Situation mit der Übernahme von Führungsaufgaben noch einmal deutlich verbessert.
Die klassischen Stellen für Gerichtsmediziner sind eher rar. Allerdings haben die ausgebildeten Mediziner gute Chancen in anderen Bereichen unterzukommen. Aufgrund ihrer fundierten naturwissenschaftliche Ausbildung können sie auch in Pharmaunternehmen oder privaten Biologielaboren eine Stelle finden oder in die Forschung gehen.
Für den Beruf als Facharzt für Gerichtsmedizin sollten Berufsanwärter die fachlichen Kompetenzen mitbringen, die sie im Studium erwerben. Aber auch spezifische Soft Skills sollten in diesem Bereich nicht vernachlässigt werden. Dazu gehören zum Beispiel:
Gerichtsmedizinern bieten sich diverse Karrierepfade an. Einer davon ist das Absolvieren eines weiterführenden Studiengangs zum Beispiel in den folgenden Fächern:
Wer sich für eine Karriere in dem Bereich Forschung und Lehre entscheidet, strebt zunächst die Promotion und schließlich die Habilitation an. Nach der erfolgreichen Berufung zum Professor sind Gerichtsmediziner unter anderem für die Ausbildung des universitären Nachwuchses verantwortlich.
In der Wirtschaft stehen Gerichtsmedizinern führende Positionen an forensischen Instituten offen. Eine weitere Alternative ist die Führung eines Labors. Laborleiter planen, koordinieren und überwachen technisch-organisatorische sowie betriebswirtschaftliche Abläufe in Laboratorien und arbeiten in Unternehmen nahezu aller Wirtschaftszweige.