Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch: Strategie, Tipps, Fehler

Der Personaler übernimmt die Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch, denken viele Bewerber. Er stellt die Fragen, er gibt die Richtung vor. Das ist auch nicht ganz falsch. Aber in der Rolle des reinen Fragenbeantworters, der nur den Mund aufmacht, wenn er gefragt wird, sollten Sie nicht verharren. Ganz im Gegenteil, gute Bewerber übernehmen die Kontrolle über ein Gespräch. Ganz einfach ist es allerdings nicht. Was eine gute Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch ausmacht…

Gespraechsfuehrung im Vorstellungsgespraech Tipps

Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch: Probleme

Viele Bewerber glauben, die Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch obliege dem Interviewer. Das ist auch nicht ganz falsch. Er oder sie ist es schließlich, der die Fragen stellt, die Qualifikationen auf den Prüfstand stellt, den besten Kandidaten für die vakante Stelle finden will.

Auf der anderen Seite ist es der Bewerber, der größtenteils redet. Der Redeanteil in einem Bewerbungsgespräch sollte bei ungefähr 30 zu 70 liegen. 30 Prozent der Zeit spricht der HR-Mitarbeiter, 70 Prozent der Zeit parliert der Bewerber.

Viele Bewerber wünschen sich zudem ausdrücklich ein Vorstellungsgespräch „auf Augenhöhe.“ In einer Umfrage des Personaldienstleisters Softgarden äußerten fast drei Viertel der Befragten diesen Wunsch. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Vorstellungsgespräche oftmals eben NICHT auf Augenhöhe geführt werden, sondern eher einem Verhör oder gar einem Inquisitionstribunal gleichen.

Augenhöhe meint Wertschätzung – und Wertschätzung fängt schon bei den vermeintlichen Petitessen an. Wer dem Bewerber zu Beginn nicht mal ein Glas Wasser anbietet oder ihn minutenlang warten lässt, drückt keine Achtung vor jemandem aus, der möglicherweise eine lange Anreise hinter sich oder sich tagelang auf den Termin vorbereitet hat. Bewerber wollen ein Gespräch führen, keiner Frage-Antwort-Runde beisitzen. Sie wollen überzeugt werden.

Aber sie können auch durch ihre eigene Art der Gesprächsführung dazu beitragen, dass der Termin zum Erfolg wird…
vgwort

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Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch: Basics

Es gibt die verrücktesten Situationen: Da erscheinen Bewerber in Begleitung eines Elternteils oder Freundes. Sobald der Interviewer eine Frage stellt, übernimmt der Begleiter die Gesprächsführung. Alles schon da gewesen!

Es versteht sich hoffentlich von selbst, dass Sie auf solche Ideen gar nicht erst kommen. Nicht mal dann, wenn Sie sich mit 16 für ein Praktikum oder einen Ausbildungsplatz bewerben, hochgradig unerfahren, scheu, verunsichert – und rhetorisch noch arg ungeschliffen sind. Macht nichts! Mit etwas Übung werden Sie und Ihre Gesprächsführung immer besser. Aber ohne den gelegentlichen Sprung ins kalte Wasser erzielt man nun einmal keine Fortschritte…

Der erste Tipp für eine gelungene Gesprächsführung im Bewerbungsgespräch lautet daher: Machen Sie sich nicht klein. Geben Sie die Gesprächsführung nicht komplett aus der Hand. Es handelt sich ja schließlich um ein Bewerbungsgespräch, nicht um ein Bewerbungsverhör oder einen Bewerbungsmonolog.

Dass Sie überhaupt zum Jobinterview eingeladen worden sind, sollte Ihr Selbstvertrauen gestärkt haben. Sie haben die erste Hürde überstanden, der Arbeitgeber ist an Ihnen interessiert. Sehr positiv!

Gut vorbereiten sollten Sie sich in jedem Fall auf das Interview. Wichtig ist vor allem, typische Fragen im Vorstellungsgespräch zu antizipieren (und zu kontern) und selbst gute Rückfragen in petto zu haben.

Am besten, Sie bringen Ihre Punkte ehrlich und authentisch rüber. Was abgedroschen klingt, dient der Partnerfindung. Sie selbst wollen auch wissen, ob das Unternehmen zu Ihnen passt. Wenn Sie mit offenen Karten spielen, fällt beiden die Partnerwahl leichter. Wie Sie das konkret in die Tat umsetzen, verraten wir Ihnen gleich…

Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch: Vorbereitung

Ein erfolgreiche Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch setzt diese drei Dinge voraus:

  1. Bewerbungsunterlagen

    Ihre eigenen Bewerbungsunterlagen sollten Sie kennen. Schauen Sie vorher unbedingt noch mal hinein. Sonst erwischt man sie womöglich auf dem falschen Fuß. Wenn Sie sich an das Praktikum bei der Konkurrenzfirma nicht mehr erinnern oder Ihr Französisch, das Sie im Lebenslauf mit fließend angegeben haben, in Wahrheit aus ein paar Brocken besteht, macht das Ihre Vorstellung zu einer Farce.

  2. Informationen

    Der Personaler erzählt und fragt und macht und tut – und Sie verstehen nur Bahnhof. Sie müssen Ihr zukünftiges Unternehmen nicht aus dem Effeff kennen, aber die wichtigsten Infos sollten sitzen. Wenn Sie sich bei Volkswagen bewerben, aber Elektroautos für ferngesteuerte Spielzeuge halten, können Sie das Gespräch vergessen. Ein Gespräch kontrollieren, das eben nicht auf Augenhöhe stattfindet, ist unmöglich.

  3. Namen

    Dieser Punkt ist viel wichtiger als man denkt. Merken Sie sich die Namen Ihrer Gesprächspartner und reden Sie sie auch persönlich mit Namen an. Das zeugt von Wertschätzung. Ein Gespräch besteht immer aus zwei Parteien. Und gelingen kann es nur, wenn beide Seiten der jeweils anderen mit Respekt begegnen. Auch die Position bzw. Funktion Ihrer Gesprächspartner sollten Sie sich unbedingt merken.

Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch übernehmen

Sie sollen das Gespräch kontrollieren, nicht dominieren. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Zunächst ist es logisch, dass der Personaler die Gesprächsführung übernimmt. Er hat Sie eingeladen, er stellt die Fragen, er will etwas über Sie erfahren, er stellt den Arbeitgeber vor.

Aber Sie können als Bewerber dennoch kontrollieren, welche Botschaften Sie vermitteln. Welchen Eindruck Sie hinterlassen und was Sie zum Ausdruck bringen. Das fängt mit der Selbstpräsentation an. Die Stationen und Erfolge, die Ihnen am wichtigsten sind, legen Sie ausführlicher dar als jene, die weniger durchschlagend waren.

Auch andere typische Personalerfragen sind so gestrickt, dass Sie das Heft in der Hand behalten können.

Wenn Sie sich gut vorbereitet haben, läuft es so: Der Personaler fragt, aber Sie kontrollieren das Gespräch.

Übrigens: Zu einer guten Gesprächsführung gehört auch das betonte Schweigen. Warten Sie ruhig mal einige Sekunden mit Ihrer Antwort. So demonstrieren Sie Souveränität.

Und halten Sie auch das Schweigen Ihres Gegenübers aus. Fatal: Wild drauflosplappern, um eine unangenehme Stille zu durchbrechen. Bleiben Sie cool und schweigen Sie mit – ein Geheimtipp für jedes Bewerbungsgespräch und jede Verhandlung.

Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch: Gefahren

Schwieriger wird es bei sogenannten Stressfragen. Die sind speziell darauf ausgelegt, Sie aus der Reserve zu locken und Ihnen die Schweißperlen ins Gesicht zu treiben.

Dies ist der Zeitpunkt, an dem viele Bewerber die Kontrolle verlieren. Wenn sie rot anlaufen, nervös mit den Händen spielen oder anfangen zu nuscheln. Oder, wenn sie etwas anderes sagen als das, was sie eigentlich zum Ausdruck bringen wollten.

Grundsätzlich: Es ist nicht schlimm, mal auf dem Schlauch zu stehen! Wichtiger ist, wie Sie damit umgehen. Bleiben Sie vor allem ruhig. Versuchen Sie, sich mit einem Kommentar Zeit zu erkaufen. So einem wie: „Knifflige Aufgabe, die Sie mir da stellen.“ Sie können Ihre Antworten auch im Nachhinein korrigieren oder präzisieren, ohne als Windbeutel dazustehen. Fangfragen erfordern dies mitunter. Nur Mut!

Und selbst wenn Sie mehr schlecht als recht aus dieser Gesprächsphase herausgekommen sind, ist die Chance noch nicht vertan. Sie können das Ruder wieder in die Hand nehmen. Diese Möglichkeit bietet sich vor allem, wenn der Personaler die berühmte Frage stellt: Haben Sie noch Fragen an uns?

Speziell auf diese Frage sollten Sie gut vorbereitet sein und eine oder zwei Rückfragen aus dem Hut zaubern…

Gesprächsführung: 3 unterschätzte Fehler

gespraechsfuehrung im vorstellungsgespraech fehlerAchtung – diese drei Fehler machen die beste Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch zunichte:

  1. Handy

    Wenn es während des Jobinterviews bimmelt, ist das noch keine Katastrophe. Jeder kann mal vergessen, sein Handy rechtzeitig auszustellen. Ihre Reaktion ist es, die zählt. Und die kann nur so aussehen: Sie entschuldigen sich, drücken den Anruf sofort weg und schalten das Smartphone aus. Wehe dem, der noch mehrere Sekunden wie gebannt aufs Display starrt, um zu sehen, wer gerade anruft oder gar rangeht (das können und sollten Sie in familiären Notlagen natürlich tun, aber auch nur dann)!

  2. Uhr

    Bitte niemals auf die Uhr blicken, auch nicht heimlich! Und schon gar nicht mehrfach. Weder auf die Armbanduhr oder Smartwatch noch auf die Uhr an der Wand. Das zeigt entweder, dass Sie Langeweile leiden oder sich wünschten, der Zeiger liefe noch viel schneller. Ein ehrliches Interesse am Job drücken Sie dadurch jedenfalls nicht aus. Was Sie im weiteren Laufe des Vorstellungsgesprächs sagen oder nicht sagen, spielt jetzt schon fast keine Rolle mehr.

  3. Laberei

    Nervosität zeigt sich darin, dass man sich gar nicht traut, etwas zu sagen – oder dass man den Gegenüber komplett zutextet. Smalltalk als Eisbrecher – schön und gut. Aber halten Sie sich ein wenig zurück. Quasseln Sie nicht ohne Punkt und Komma drauflos. Sprechen Sie langsam und deutlich. Posaunen Sie keine Belanglosigkeiten heraus. Bleiben Sie cool und souverän. Das wird im Job auch von Ihnen erwartet.

Gesprächsführung am Ende des Vorstellungsgesprächs

Sobald der Gesprächspartner mit den Rückfragen startet, bietet sich Ihnen noch eine ganz andere Gelegenheit. Sie können Punkte, die Ihnen wichtig, aber noch nicht zur Sprache gekommen sind, ins Gespräch einweben. Oder Dinge klarstellen, wenn sie einer Klarstellung bedürfen.

  • Bevor ich Ihnen meine Fragen stelle, würde ich gerne noch eine Sache sagen: Und zwar ist es, glaube ich, vorhin nicht ganz deutlich geworden, dass…

Das klingt für Sie vielleicht verwegen, ist aber völlig legitim. Sie führen ein Gespräch (!) und sind kein Antworten-Automat. Dazu gehört, dass Sie selbst ansprechen können, was Sie für wichtig erachten. Nur arrogant oder anmaßend sollten Sie dabei nicht wirken.

Und noch ein Hinweis: Sie dürfen die Aspekte, die für Sie relevant sind, auch gerne in einem Notizbuch notieren und mit ins Jobinterview nehmen. Und sich während des Gesprächs neue Notizen machen. So wirken Sie gut vorbereitet und engagiert.

Nein, jedem Personaler gefällt auch das sicher nicht. Es gibt tatsächlich welche, die nur Mitarbeiter suchen, die folgen und keine unangenehmen Fragen stellen. Das ist auch in Ordnung. Völlig ok ist es auch, wenn sie so jemand sein wollen. Aber Sie können eben auch jemand anderes sein…

Gesprächsführung: Checkliste

Die wichtigsten Tipps für eine gute Gesprächsführung im Bewerbungsgespräch in der Übersicht:

  • Reden Sie Ihre Gesprächspartner mit Namen an.
  • Holen Sie die notwendigen Informationen über das Unternehmen ein und lassen Sie Ihr Wissen im Laufe des Gesprächs einfließen („Sie wissen ja durch Ihr Werk in Malaysia auch, dass die Uhren in Südostasien anders ticken…“)
  • Überlegen Sie sich vorher, welche Ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen Sie unbedingt anbringen möchten.
  • Legen Sie sich ein oder zwei Themen für den Smalltalk zu Beginn des Gesprächs zurecht.
  • Trainieren Sie Ihre Antworten, aber lernen Sie sie nicht auswendig.
  • Üben Sie Ihre Selbstpräsentation vor dem Spiegel.
  • Antizipieren Sie mögliche Fragen des Personalers, die sich aus Ihrem Lebenslauf ergeben (z.B. Lücken im Lebenslauf, vorherige Stationen, Studienwahl, Häufigkeit der Jobwechsel usw.).
  • Bereiten Sie zwei oder drei smarte Rückfragen für den Personaler vor.
  • Reden Sie langsam, aber nicht behäbig – und deutlich, aber gerne lebendig.
  • Lassen sich nicht hetzen oder unter Druck setzen – auch nicht durch Fangfragen.
  • Bereiten Sie ein oder zwei solide Floskeln vor, um im Notfall Zeit zu gewinnen („Das ist eine sehr schwierige Frage.“ „Lassen Sie mich da bitte noch mal kurz drüber nachdenken.“).
  • Fallen Sie Ihrem Gesprächspartner nie ins Wort.
  • Bedanken Sie sich am Ende des Gespräch und verabschieden sich höflich – egal, wie gut oder schlecht es gelaufen ist.

Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch für Interviewer

gespraechsfuehrung im vorstellungsgespraech interviewer tippsAuch für Unternehmen und Personalabteilungen gewinnt das Thema Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch an Relevanz. Immerhin müssen sie fähige Fachkräfte für sich gewinnen – und davon gibt es auf dem Arbeitsmarkt mitunter nicht (mehr) so viele.

Manche schwören dabei auf die personenorientiere Gesprächsführung nach Rogers. Carl Rogers war ein US-amerikanischer Psychologe des 20. Jahrhunderts. Die von ihm geprägte Gesprächstechnik betont das aktive, einfühlende Zuhören. Der Interviewer signalisiert seinem Gesprächspartner durch Gesten, dass er ihn versteht, etwa durch Blickkontakt, Kopfnicken und verbale Bestätigungen wie Ja, Ach so, Hm oder OK.

Der Interviewer sollte sein Gegenüber nicht unterbrechen; auch nicht, um weiterführende Fragen zu stellen. Der Bewerber soll sich verstanden und akzeptiert fühlen. Dazu zählt auch, auf Wertungen vorerst zu verzichten. Schnell aufs Handy oder auf die Uhr schauen oder gar die Augen verdrehen – solche Gesten bewirken das Gegenteil und zeigen, dass es mit dem Interesse in Wahrheit nicht weit her ist.

Die wichtigsten Tipps für eine gute Gesprächsführung im Vorstellungsgespräch für den Interviewer:

  • Bereiten Sich gut auf das Bewerbungsgespräch vor, indem Sie sich genügend Zeit für die Sichtung der Bewerbungsunterlagen nehmen.
  • Stellen Sie sicher, dass Sie sich für den festgelegten Zeitraum (z.B. 30 Minuten) ungestört und ohne Termindruck unterhalten können, etwa durch eine rechtzeitige Buchung des Konferenzraumes.
  • Erstellen Sie einen groben Leitfaden für das Vorstellungsgespräch, aber lassen Sie Raum für Spontanität und Improvisation.
  • Legen Sie vorher fest, welche Fähigkeiten und Qualifikationen Sie unbedingt abfragen möchten.
  • Bereiten Sie sich auf mögliche Rückfragen des Bewerbers vor.
  • Begrüßen Sie den Bewerber höflich bis herzlich und beginnen mit Smalltalk, um die Situation aufzulockern.
  • Formulieren Sie nach Möglichkeit offene Fragen, die es dem Bewerber erlauben, in einen Redefluss zu kommen.
  • Teilen Sie dem Bewerber am Ende des Gesprächs mit, wie der weitere Verlauf ist und bedanken Sie sich ausdrücklich für sein Kommen und seine Zeit.

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