Arbeitszeugnis-Formulierungen sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen. Harte Kritik werden Sie in keinem Arbeitszeugnis sehen. Sie ist nämlich gar nicht zulässig. Umso wichtiger ist es, all die kleinen Gemeinheiten und Seitenhiebe zu erkennen, die Ihnen der Vorgesetzte zwischen den Zeilen mitgegeben hat. Arbeitszeugnis Formulierungen: Das bedeuten sie wirklich…
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Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis soll prinzipiell Auskunft geben über…
eines Mitarbeiters. Laut Gewerbeordnung muss ein Arbeitszeugnis dabei mehrere Bedingungen erfüllen. Das Zeugnis muss…
sein. Wohlwollend, um das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren. Wahr, weil auch der künftige Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, die erbrachten Leistungen eines Bewerbers richtig einschätzen zu können.
Und vollständig, damit alle für die Beurteilung eines Arbeitnehmers wichtigen Punkte Erwähnung finden. Das Zeugnis darf also keine offensichtlichen Lücken enthalten. Das Arbeitszeugnis einer Führungskraft ist ohne Beurteilung ihrer Führungsqualitäten unvollständig; über einen Kassierer möchte man gemeinhin wissen, wie es um seine Ehrlichkeit bestellt ist.
Offene Kritik ist somit in einem Arbeitszeugnis tabu – versteckte Kritik hingegen nicht. Zum Beispiel sind ironisch gemeinte Arbeitszeugnisse nach Einschätzung von Experten nicht zulässig.
Als Konsequenz hat sich in den letzten Jahrzehnten eine regelrechte Geheimsprache für Arbeitszeugnisse herausgebildet. Personaler können anhand der Formulierungen im Arbeitszeugnis meist direkt entschlüsseln, was wirklich gemeint ist. Dabei gibt es zahlreiche Chiffren und Codes, die den unbedarften Leser bisweilen in die Irre führen.
Auch für die Bewerber selbst ist es wichtig, die wirklichen Aussagen ihrer eigenen Arbeitszeugnisse zu dekodieren. Wir zeigen Ihnen die wichtigsten Arbeitszeugnis-Formulierungen und ihre Bedeutungen…
Arbeitszeugnisse können wie Engelszungen klingen, aber von Teufelshand gemacht sein. Denn wie gesagt: Offene Kritik ist gesetzlich tabu, dafür müssen Codierungen herhalten. So können herrlich klingende Worte in Wahrheit das glatte Gegenteil meinen. Gut, wenn Sie das als Arbeitnehmer erkennen!
Arbeitszeugnisse erfüllen somit nicht allein den Zweck, die Arbeitsleistung und das Sozialverhalten eines Beschäftigten zu bestätigen und ihm die Jobsuche zu erleichtern. Sie können auch eine Warnung an alle anderen Unternehmen da draußen sein. Achtung, den oder die auf keinen Fall einstellen!
Ein kleiner Trick entlarvt viele Schreiber als Scharlatane: Achten Sie in Ihrem Arbeitszeugnis auf doppeldeutige Formulierungen und kehren Sie sie in ihr Gegenteil um.
Hier sind einige Beispiele für missverständliche Arbeitszeugnis-Formulierungen:
Derart ausgeklügelt ist die Zeugnissprache, dass man in ihr auch Schulnoten erkennt. Das macht es den Personalbüros noch leichter, einen Bewerber einzuordnen. Das Zünglein an der Waage sind meist die unscheinbaren Wörtchen stets, zur vollsten und zur vollen.
Immer besorgniserregend sollte es sein, wenn Sie in Ihrem Arbeitszeugnis die Vokabel bemüht erspähen. Sie hat in der Regel nichts Gutes zu bedeuten. Wer sich bemüht, der kriegt nichts gebacken – so die Übersetzung.
So lesen Sie Schulnoten aus Ihrem Arbeitszeugnis: Sie/er erfüllte ihre/seine Aufgaben…
Auch aus einzelnen Formulierungen im Arbeitszeugnis gehen Noten hervor. So kann die Gesamtleistung des Mitarbeiters gut gewesen sein, sein Sozialverhalten aber nur ausreichend. Oder er hat in einzelnen Teilbereichen seiner Tätigkeit sehr gute Leistungen gebracht, in anderen nur befriedigende. Oft sind es Nuancen, die den Unterschied zwischen sehr gut und gut ausmachen. Hier sind beispielhafte Arbeitszeugnis-Formulierungen:
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Versteckte Botschaften sind nicht das einzige, auf das es ankommt. Vor allem auf diese Punkte sollten Sie in Ihrem Arbeitszeugnis achten:
Personalentscheider haben oft keine Zeit. Und was machen sie, wenn sie in Zeitnot sind? Sie überfliegen die Bewerbungsunterlagen – und gucken beim Arbeitszeugnis nur auf die letzten zwei, drei Sätze. Dort findet man die Bewertung durch den Ex-Arbeitgeber in kondensierter Form.
Der Formulierung der Abschlussformel kommt daher eine immer größere Bedeutung zu. Ist die Gesamtbewertung gut, handelt es sich um einen brauchbaren Kandidaten. Ist sie schlecht, kann man ihn aussortieren – und sich die Einzelheiten sparen. Zwei, drei Sätze, die über Wohl und Wehe einer Bewerbung entscheiden können.
Ein wichtiger Hinweis: Rein rechtlich gesehen ist die Abschlussformel freiwillig. Ein Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet, einem Mitarbeiter am Ende des Zeugnisses für seine Mitarbeit zu danken und ihm alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Der Arbeitnehmer kann eine Abschlussformel nicht einklagen.
Dies macht schon dessen Bedeutung klar: Fehlt die Abschlussformel, ist es ein schlechtes Zeichen. Vielleicht will der Arbeitgeber seinem scheidenden Mitarbeiter noch einen Leberhaken verpassen – oder er war ihm eine Abschlussformel schlicht nicht wert.
Andererseits kann man auch mit einer versteckt negativen Abschlussformel jemandem noch dezent einen Tritt in den Hintern verpassen. Eine beispielhafte Formulierung:
Viel kühler kann man eine Abschlussformel vermutlich nicht formulieren. Bedauern über ihr Ausscheiden? Kaum erkennbar. Stellt man die Sätze geringfügig um und ergänzt sie, klingen sie gleich ganz anders:
Abschlussformeln im Arbeitszeugnis folgen meist einem Schema. Sie sind in der Regel in diese vier Teile aufgegliedert:
Wollte der Mitarbeiter von sich aus gehen und hat gekündigt? Darauf deutet die Formulierung auf eigenen Wunsch hin. Oder wurde er gegangen? Das ist beim Satzbaustein in gegenseitigem Einverständnis der Regelfall.
Unter normalen Umständen bedankt sich der Arbeitgeber für Arbeitseinsatz und gezeigte Leistungen. Doch ist die Lautstärke des Dankeschön nicht immer gleich – es kommt auf die Formulierung an. Fehlt eine Danksagung komplett, spricht das nicht für den Arbeitnehmer.
Gut, dass er weg ist! Das wird kein Arbeitgeber ins Arbeitszeugnis schreiben – es wäre auch gar nicht erlaubt. Aber indirekt kann die Aussage durchaus in diese Richtung gehen. Dann nämlich, wenn dem Unternehmen kein Ausdruck des Bedauerns über die Lippen bzw. die Tastatur kommt. Einen geschätzten Mitarbeiter lässt man nur ungern gehen – und drückt daher im Zeugnis sein Bedauern über dessen Weggang aus.
Einem Mitarbeiter dankt man normalerweise für das, was er für die Firma geleistet hat. Frau Schulze verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch, was wir sehr bedauern. Wir danken ihr für die gute Zusammenarbeit und wünschen ihr auch für die Zukunft viel Erfolg. Das wäre eine Formulierung, mit der man sehr gut leben kann.
Hier sind die Bedeutungen der Abschlussformel-Formulierungen im Arbeitszeugnis auf einen Blick:
Nicht jeder Arbeitgeber ist ein Zeugnisprofi. Darum ist auch nicht jede unglückliche Formulierung böser Absicht entsprungen. Oft stecken einfach Unwissen, Schludrigkeit oder Bequemlichkeit dahinter. Darum ist es für Bewerber auch so wichtig, das Zeugnis nach Erhalt genau zu überprüfen.
Wenn Sie sich nichts vorzuwerfen haben und einen guten Draht zu Ihrem Chef haben, dann sprechen Sie ihn auf die ungünstigen Codes im Zeugnis an. Gut möglich, dass ihnen ein Missverständnis zugrunde liegt.
Möglich ist es aber auch, dass der Arbeitgeber Ihnen nachträglich noch eins auswischen will. Aus reiner Boshaftigkeit oder weil er sauer und enttäuscht über Ihren Weggang ist. Alles ist möglich.
Bei manchen Arbeitszeugnis-Formulierungen sollten Sie auf eine Korrektur bestehen. Schließlich werden Sie sich mit Ihren Zeugnissen noch jahrelang bewerben müssen.
Diese Techniken wenden Zeugnisschreiber oftmals an:
Diesen Rat kennt man noch aus dem Deutsch-Aufsatz in der Schule: Verwenden Sie nicht so viele Passivsätze! Auch im Arbeitszeugnis können sie darauf hindeuten, dass etwas nicht stimmt. Konkret: Dass es der Arbeitskraft an Eigeninitiative gemangelt hat. Die ihm übertragenen Aufgaben oder wurde damit und damit betraut – derartige Formulierungen können ein Hinweis sein. Das wirkt phlegmatisch, lust- und ambitionslos. Wenn jemand dagegen aktiv etwas gemacht, gerissen, bewerkstelligt, erreicht hat, gewinnt das Zeugnis gleich eine ganz andere Dynamik.
Lücken im Lebenslauf sind unschön. Im Arbeitszeugnis können sie ebenfalls sehr negativ wirken. Zum Beispiel dann, wenn in standardisierten Aussagen ein Element fehlt. Beispiel: Sein Verhältnis zu Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets vorbildlich. Eine rundum positive Aussage. Wenn es nun heißt, sein Verhältnis zu Kollegen war stets vorbildlich, klingt das auch noch gut. Aber etwas fehlt. Möglicherweise war sein Verhältnis zu den Vorgesetzten nicht ganz so gut…
Ein Arbeitszeugnis muss wohlwollend sein. Umso härter wirken negative Formulierungen wie kein, nicht oder nie. Die sind im entsprechenden Kontext natürlich weiterhin erlaubt, aber drehen die Bewertung in eine negative Richtung. Beispiel gefällig? Seine Disziplin gab keinen Anlass zu Beanstandungen. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn es nicht irgendetwas damit auf sich hätte. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich eben doch um einen sehr undisziplinierten Mitarbeiter gehandelt hat. Oder: Sie war nie unpünktlich und fiel auch nie durch Unbeherrschtheiten auf. Das ist schon zu offensichtlich. In Wahrheit war sie ständig unpünktlich und ein Vulkan.
Lesen Sie zwischen den Zeilen. Achten Sie aber auch darauf, was NICHT im Arbeitszeugnis steht. Es kann entscheidend sein. Denn die Kommentare im Arbeitszeugnis sollten auch zu Ihnen und ihrer Stelle passen. Von einem Social Media Manager wird Kommunikations- und Organisationsstärke erwartet, von einem Grafikdesigner Kreativität und von einem Controller Genauigkeit. Die Kernkompetenzen sollten sich in der Bewertung wiederfinden. Werden sie durch Fachfremdes ersetzt oder ganz weggelassen, ist das ein schlechtes Zeichen.
Nicht nur Hobby-Satiriker wissen: Eine Übertreibung kann eine Bewertung ins Ironische verdrehen. Er war ein außerordentlich brillanter Kopf. Wenn Sie das in Ihrem Zeugnis sehen, was denken Sie dann? Doch wohl, dass sich da jemand über Sie lustig machen wollte. Genauso kann es auch gemeint sein. Er verfügt über eine außergewöhnliche Begabung, sein Wissen mit den Kollegen zu teilen. Das ließe sich übersetzen mit Er war ein Besserwisser.
Für einen Kundenbetreuer ist der Umgang mit Kunden eine Kernkompetenz. Dass er dabei gute Leistungen erbracht hat, sollte im Arbeitszeugnis möglichst weit vorne auftauchen – und nicht ganz hinten, womöglich in einem Nebensatz. Werden am Anfang des Zeugnisses weniger wichtige Aspekte vor den wirklich wichtigen genannt, ist das verdächtig.
Mit Temporaladverbien wie stets, immer oder jederzeit wertet der Arbeitgeber die Leistungen eines Mitarbeiters auf. Auch qualifizierende Adjektive wie zielstrebig oder engagiert sind positiv. Diese Bestandteile verlängern einen Satz. Im Umkehrschluss bedeutet das: Enthält ein Arbeitszeugnis auffallend viele kurze Sätze, ist dies in der Regel als Abwertung zu verstehen.
Auch in agilen Teams dürfen Arbeitgeber die Leistungen der Mitarbeiter individuell bewerten. Dies urteilte das Arbeitsgericht Lübeck in einem Urteil vom 22. Januar 2020.
Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer, der als Testingenieur im Bereich Product Qualification beschäftigt war und in einem agilen Projektteam nach der Scrum-Methode gearbeitet hatte, geklagt. Das Arbeitszeugnis, das er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt, fiel aus seiner Sicht im Vergleich zu einem anderen Teammitglied zu schlecht aus. Vor Gericht verlangte er, dass der Arbeitgeber sein Arbeitszeugnis im Wortlaut an das Zeugnis seines ehemaligen Kollegen angleichen müsse. Als Begründung führte er an, dass in agilen Teams die Team-Leistung vorrangig wäre und die individuelle Arbeitsleistung nur untergeordnet.
Die Lübecker Richter gaben der Klage nicht statt. Auch in agilen Arbeitsumgebungen sei, so ihr Urteil, die individuelle Leistung messbar. Arbeitszeugnis-Formulierungen dürfen somit sehr wohl voneinander abweichen.